Die Skulpturcollagen von
Johannes Gebhardt
Hochgeehrt und in der nationalen wie internationalen Kunstwelt beachtet und geachtet, vertritt Johannes Gebhardt unser Land in wahrhaft vorbildlicher Weise. Seine Arbeit und seine Lehrtätigkeit sind weitgerühmt. Johannes Gebhardt versteht sich als Keramiker, und von dieser Grunderfahrung aus sind alle Arbeiten entstanden, die im Laufe seiner Entwicklung viele Stadien durchlaufen haben. Gefäße sind entstanden und freie Arbeiten, die über den engeren Bezirk der Keramik hinaus in die bildende Kunst vorstoßen, wenn es denn den Gegensatz gibt zwischen dem Kunsthandwerk und der "hohen Kunst". Entscheidend ist die Qualität. Seit den 80er Jahren entstehen jene Objekte, die sein Beitrag zu dieser Ausstellung sind. Einfach und schlagend im Material und eindringlich in der Wirkung. Er nennt sie Collagen, hinweisend auf die Tatsache, daß sie nicht aus einem Stück gefertigt sind, sondern aus mehreren, die nur deshalb miteinander verbunden sind, um ihnen eine erhöhte Statik zu geben. Denn eigentlich und ursprünglich sind es lose zusammengefügte Schamottesteine, aus denen die einfachen Gebilde bebaut sind, und das Instabile an ihnen ist ein besonderer Reiz. Gebhardt nahm sein Grundmaterial, die Schamottesteine, teils aus einem aufgelassenen Ziegelofen, teils vom Abriß eines alten Töpferofens. Lange haben die Steine draußen gelegen und die Spuren von Wind und Wetter aufgenommen, so daß zu den Strukturen, die das Material mitbringt und die entstehen, wenn die Flamme an den Steinen hochleckt, die der Natur kommen. Die an sich genormten Elemente bekommen den Charakter zufälliger Strukturen und verschiedener Farbigkeit. In einigen Fällen hat der Künstler nachgeholfen, indem er eine durchsichtige Engobe grob auftrug.
Aus diesen Elementen setzt er seine Objekte so zusammen, daß eine große Variationsbreite entsteht bei gleichzeitig reduziertesten Formen. Kopf, Zeichen oder Schrein sind solche einfachen Gebilde, die sich zu einem größeren Ensemble zusammenfinden können, das Gebhardt "Tempelgarten" nennt. Assoziationen an fremde, zurückliegende Kulturen werden deutlich, Anklänge an Uranfängliches. Der Künstler hat sie auf seinen weiten Reisen empfangen und in seiner bildnerischen Phantasie weitergespielt.
Oft verwendet er verschiedene Materialien, fügt Eisen zu Stein, Gefundenes wird zum Grundmaterial des Gebauten. Und immer entsteht ein geheimnisvolles Gebilde, das den Betrachter sofort gefangennimmt und ihn anregt, seinerseits weiterzufühlen. Fern von malerischen Wirkungen um des schönen Scheins willen, verzichtet der Künstler doch nicht auf die Farbe. Nur sind die Töne leise, gebrochen und vom keramischen Material bestimmt, so wie die Skulpturen selbst, trotz der gleichen Abmessungen des Grundmaterials durch leichte Verschiebungen, Schrägstellungen oder angedeutete Bögen eine leise Lebendigkeit und Vielfalt erhalten.
So entstehen Werke, die nur scheinbar ähnlich, in Wirklichkeit aber höchst differenziert sind. In einem Text zum Ausstellungskatalog Plön 1990 hat Johannes Gebhardt seine Arbeit noch einmal zusammenfassend charakterisiert. Wichtig ist in seinem Text außer der Beschreibung der Vorgehensweise die letzte Schlußfolgerung. Gebhardt sagt: "Die formale Grundordnung meiner Skulpturcollagen beruht auf Standardformen und -massen von Normsteinen, wie sie im Feuerungsbau verwendet werden … Ich habe die Fundstücke zusammengefügt, wie ich sie fand - zu Architekturen - zu Figurationen. Diese assoziieren für mich die Vergänglichkeit - die Dimension der Zeit, der alles von menschlicher Hand und Ratio Gebildete letztlich unterliegt".
Gerhard Gerkens